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29.04.2024

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3 Min.

„Wie Schnellboote auf dem Markt“

Text:

Was zeichnet den deutschen Mittelstand aus, und womit haben die „Hidden Champions“ zu kämpfen? Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, schaut im fondsmagazin-Interview genauer hin.

Herr Kirchdörfer, was genau ist eigentlich der „deutsche Mittelstand“?

Ein unscharfer Oberbegriff für eine sehr vielfältige Unternehmenslandschaft in Deutschland: Dazu gehören kleine und mittlere Betriebe, Selbstständige und Handwerker, aber eben auch international tätige Familienunternehmen.  Alles in allem haben wir in Deutschland rund 3,2 Millionen private Unternehmen. Davon sind knapp drei Millionen Familienunternehmen. Dies zeigt, wie verbreitet der Unternehmenstypus Familienunternehmen ist. Denn wenn über Mittelstand gesprochen wird, sind fast ausschließlich Familienunternehmen gemeint. 

Was zeichnet diesen Unternehmenstypus gegenüber anderen aus? Ist es das eigene Geld, mit dem die Unternehmer investiert sind?

In Familienunternehmen weht ein anderer Geist. Familienunternehmerinnen und -unternehmer verfolgen vor allem das Ziel, ihr Unternehmen enkelfähig zu machen. Damit sind sie gewissermaßen ein Gegenentwurf zu Dax-Konzernen in Streubesitz, die vor allem den kurzfristigen und mittelfristigen Erwartungen ihrer Investoren gerecht werden müssen.

Fallen Ihnen spontan ein, zwei Vorzeigeunternehmen ein? Was zeichnet die aus?

Deutschland ist in der glücklichen Lage, dass wir in großer Zahl Vorzeigeunternehmen haben: Stihl, Trumpf, Oetker, Henkel. Das sind nur wenige Beispiele. Das Erfolgsgeheimnis erfolgreicher Familienunternehmen lautet: Sie denken in Generationen. Was Deutschland besonders auszeichnet: Nirgendwo auf der Welt gibt es eine so hohe Dichte an „Hidden Champions“, also Familienunternehmen, die heimliche Weltmarktführer sind. Deutschland zählt rund 1500 davon.

Welche Rolle spielt eigentlich eine Börsennotierung?

In den 1990er- und 2000er-Jahren sind eine Reihe von Familienunternehmen an die Börse gegangen. Auch wenn sich einige davon wieder zurückgezogen haben, stellen Familienunternehmen mit 32 Prozent aller an der Börse gehandelten Unternehmen in Europa eine wesentliche Größe am Kapitalmarkt dar. In Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien und Portugal stellen sie an der Börse sogar mehr als 40 Prozent der Unternehmen.

Fotos: picture alliance / dpa / Britta Pedersen

Zur Person
Prof. Rainer Kirchdörfer ist seit 2012 Vorstand der gemeinnützigen Stiftung Familienunternehmen und Vorsitzender ihres Wissenschaftlichen Beirats. Die Stiftung publiziert regelmäßig Studien im Kontext der Familienunternehmen und unterstützt entsprechende Lehr- und Forschungseinrichtungen an Hochschulen. Kirchdörfer ist Jurist und Partner der Sozietät Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz in Stuttgart. Darüber hinaus ist er Honorarprofessor an der privaten Universität Witten/Herdecke und lehrt zu den Themen Unternehmensnachfolge und Unternehmenssteuerrecht.

Welche Perspektiven bieten mittelständische Unternehmen für Anlegerinnen und Anleger?

Laut unserer Studie „Börsennotierte Familienunternehmen in Europa“ wirtschaften die börsennotierten Familienunternehmen in Europa langfristiger und erfolgreicher als Nicht-Familienunternehmen. Die Performance ist dabei umso besser, je größer der Einfluss der Gründerfamilie ist. Die Studie deutet auf strukturelle Unterschiede:  Bei der Gesamtrendite – also der Aktienrendite plus der Dividendenrendite – schneiden familiengeführte Unternehmen im Durchschnitt mit 7,0 Prozent deutlich besser ab als die Nicht-Familienunternehmen mit 5,6 Prozent. Erklärung für diese Performance: Eine Familie als Ankeraktionär hat ein besonderes Interesse daran, dass das Unternehmen langfristig erfolgreich ist und wettbewerbsfähig bleibt.

Aber wie innovativ sind diese Weltmarktführer?

Die 500 größten Familienunternehmen sind im Schnitt 100 Jahre alt. Diese Beständigkeit wäre nicht möglich, wenn die Unternehmen nicht hochinnovativ wären. Sie machen sich einen Vorteil zunutze: Während Entscheidungen in Großkonzernen oft verschiedene Ebenen durchlaufen und lange dauern, sind die Hierarchien in Familienunternehmen flach. Das versetzt sie in die Lage, wie Schnellboote auf dem Markt agieren zu können. So ist zum Beispiel wissenschaftlich belegt, dass in Landkreisen mit einer hohen Dichte an Familienunternehmen die Patentanmeldungen höher sind.

Was belastet Familienunternehmen derzeit am meisten?

Belastung Nummer eins ist die Bürokratie: 90 Prozent der Unternehmen sagen, darunter litten sie am stärksten. Gerade die EU hat sich in den vergangenen Jahren leider zum größten Produzenten von überflüssiger Regulierung entwickelt. Die deutschen Familienunternehmen sind deshalb mit der EU-Wirtschaftspolitik unzufrieden. Ökonomen und Ingenieure verbringen große Teile ihrer Arbeitszeit damit, gesetzlich vorgeschriebene Berichtspflichten zu erfassen. Anstatt unsere Kapazitäten für Forschung und Innovation einzusetzen, verwenden wir Kapazitäten für Bürokratievorgaben. Was für eine Verschwendung!

Sehen Sie eine Deindustrialisierung des Standorts?

Wir haben mehrere prominente Familienunternehmen, die Entscheidungen zugunsten des Standorts Deutschland verschoben haben und sehen, dass vor allem im Ausland investiert wird. Das ist ein Alarmsignal. Deindustrialisierung vollzieht sich nicht über Nacht, deshalb muss die Politik hier wachsam sein.

Findet Wachstum noch im Inland statt?

Das hängt stark von der jeweiligen Branche ab. Viele Unternehmen im Einzelhandel wachsen auch im Inland noch. Doch in der Investitionsgüterindustrie sind die Erwartungen äußerst verhalten.

Sind Sie ein Freund von Subventionen? Wenn ja: wofür?

Die Familienunternehmen wollen keine Subventionen, sondern wettbewerbsfähige Bedingungen für alle Unternehmen. Wenn die Politik Milliardensubventionen für Chipkonzerne oder Batteriehersteller vergibt, dann wissen die Familienunternehmen, dass sie am Ende die Zeche zahlen müssen.

Wie wettbewerbsfähig sind die deutschen Mittelständler angesichts von Regulierung, Steuern und Energiekosten?

Der Standort Deutschland hat in den letzten 15 Jahren deutlich an Attraktivität verloren. Aber große Familienunternehmen sind international tätig und dadurch deutlich unabhängiger von Schwächen an einzelnen Standorten.

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